Landkreistagspräsident Walter: „Leistungsstarke Landkreise sind zentraler Erfolgsfaktor bei der Pandemiebekämpfung“
Landkreistag dankt Bund und Land für Corona-Finanzhilfe / Landkreise wünschen sich rasche Fortschritte bei der digitalen Anbindung der Gesundheitsämter und einen Wumms bei der Förderung von Krankenhausinvestitionen
Sperrfrist: Montag, 12.10.2020, 11:45 Uhr
Villingen-Schwenningen. Unter Corona-Bedingungen fand heute in Anwesenheit von Ministerpräsident Kretschmann in Villingen-Schwenningen die im zweijährigen Turnus wiederkehrende Landkreisversammlung statt. In seiner Grundsatzrede setzte sich der Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, der Tübinger Landrat Joachim Walter, eingehend mit der Frage auseinander, weshalb man hierzulande im Vergleich zum Ausland bislang noch relativ glimpflich durch das Pandemiegeschehen gekommen sei, und zog daraus Schlussfolgerungen für die nun anrollende zweite Welle des Infektionsgeschehens.
Ein wesentlicher Grund für den bisherigen Erfolg der Pandemiebekämpfung seien die Leistungsstärke und Entscheidungsbereitschaft der Verwaltungen auf kommunaler Ebene. Verbandspräsident Walter verwies in diesem Zusammenhang beispielhaft auf das Problem der fehlenden Schutzausrüstung in der Hochphase der ersten Welle der Corona-Pandemie: „Da die bestehenden Beschaffungswege der Bedarfsträger zusammengebrochen und die Notbeschaffung des Bundes sowie des Landes schleppend angelaufen waren, haben die Landkreise kurzerhand selbst eigene Beschaffungen vorgenommen. Sie haben ihre Verbindungen zur örtlichen Wirtschaft spielen lassen und über diese Kontakte stellenweise große Beschaffungserfolge erzielen können, nicht zuletzt auch zur Versorgung von Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen.“
Auch würdigte er zwei Verwaltungsreformen, die in diesem Jahr runde Geburtstage feiern: „1995 sind die Gesundheitsämter in die Landratsämter eingegliedert worden. Man stelle sich nur einen Moment vor, wie die Situation ausgesehen hätte, wenn die Gesundheitsämter als isolierte Sonderbehörden hätten agieren müssen. Es wäre zu chaotischen Zuständen gekommen. Und natürlich war es im letzten halben Jahr ein Riesenvorteil, dass wir den Gesundheitsämtern qualifiziertes Personal zuweisen konnten, das aus den durch die Verwaltungsreform 2005 eingegliederten Fachverwaltungen, etwa der Veterinärverwaltung, stammt.“
Dringenden Handlungsbedarf meldete Walter hingegen bei der ebenenübergreifenden Digitalisierung der Gesundheitsverwaltung an. Der schwarze Peter für die offensichtlichen Defizite in diesem Bereich werde zwischen Bund und Land hin und geschoben – zum Leidwesen die hierdurch massiv beeinträchtigten Gesundheitsämter vor Ort. „Was wir zwingend brauchen, ist eine verbindliche Digitalisierungsvereinbarung zwischen dem Land und den Kommunalen Landesverbänden. In diesem Rahmen lassen sich dann die notwendigen Digitalisierungsschritte aufgleisen – fachlich hergeleitet und mit der notwendigen Verbindlichkeit“, erläuterte Landkreistagspräsident Walter.
Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Pandemiebekämpfung sei, so Landkreistagspräsident Walter, unsere dezentrale, qualitativ hochstehende und gerade im Südwesten stark kommunal geprägte Krankenhausversorgung. Verbandspräsident Joachim Walter wies in diesem Zusammenhang einmal mehr auf die nach wie vor unzureichende Investitionsförderung durch das Land hin. Es klaffe ein Delta von 200 Millionen Euro zwischen geschuldetem Soll und tatsächlichem Ist – und da seien die Uniklinika noch gar nicht eingerechnet. „Daher muss dringend ein Ruck, ein Wumms durch die baden-württembergische Investitionsförderung gehen“, betonte Walter.
Landkreistagspräsident Walter versäumte es indes nicht, sich für die Unterstützung von Bund und Land bei der finanziellen Bewältigung der Krise zu bedanken. An Ministerpräsident Kretschmann gewandt sagte er: „Herzlich bedanke ich mich auch bei Ihnen, Herr Ministerpräsident, dass es nach schwierigen Verhandlungen gelungen ist, mit dem Stabilitäts- und Zukunftspaket einen fairen Kompromiss zu erzielen. Bitte geben Sie diesen Dank an die gesamte Landesregierung und namentlich an Ihren Stellvertreter, Herrn Minister Strobl, unseren Kommunalminister, weiter.“
Zugleich wies Landkreistagspräsident Walter aber auch schon auf künftige Herausforderungen hin, etwa im ÖPNV-Bereich: „Die ÖPNV-Branche benötigt eine Folgelösung über das Jahr 2020 hinaus. Denn es ist absehbar, dass sich die Erlössituation im Öffentlichen Personennahverkehr in 2021 noch nicht wieder auf dem Stand vor der Corona-Krise einpendeln wird. Wenn verhindert werden soll, dass hier Strukturen zerstört werden, die wir nicht zuletzt auch für das Erreichen unserer gemeinsamen Klimaschutzziele zwingend benötigen, dann muss rechtzeitig gehandelt werden.“
Hinweis:
Die gesamte Rede von Herrn Präsident Walter ist dieser Pressemitteilung als Anlage beigefügt.