Stuttgart. Der Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, Landrat Joachim Walter (Tübingen), äußerte sich zur Pressekonferenz von Herrn Minister Peter Hauk am heutigen Mittwoch wie folgt:
„Bedauerlicherweise stützt der vorliegende Beschluss des OLG Düsseldorf die Rechtsauffassung des Bundeskartellamts. Dabei verkennt das OLG die Bedeutung der Wälder für die Daseinsvorsorge und sieht den Wald als reines Wirtschaftsgut an. Insoweit unterstütze ich Herrn Minister Hauk ausdrücklich, die Option der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) zu ziehen. Denn mit Akzeptanz des OLG-Beschlusses und damit Umsetzung der Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts aus Juli 2015 würde grundlegend in die Forstverwaltungsstrukturen des Landes eingegriffen und das bisherige Betreuungsangebot von staatlicher Hand für kommunale und private Waldbesitzer zerschlagen. Die Einheitlichkeit in der Bewirtschaftung der Wälder nach anerkannten hohen Standards wäre nicht mehr sichergestellt!
Diese gravierenden Folgewirkungen für die Forstverwaltung im Land dürfen sich nicht allein auf einen erstinstanzlichen Beschluss stützen, vielmehr bedarf es einer höchstinstanzlichen Entscheidung des BGH, um abschließende Rechtssicherheit zu erhalten. Anderenfalls sehen wir die Gefahr, dass die auf Basis des OLG-Beschlusses anzupassenden Forststrukturen keinen dauerhaften Bestand haben würden. Vielmehr wären – mangels abschließender rechtlicher Klärung – weitere Initiativen zur Eröffnung neuer Rechtsstreitigkeiten zu erwarten.
Auch im Sinne der forstlichen Beschäftigten muss Planungssicherheit geschaffen werden. Es ist nicht zumutbar, die Beschäftigten in neue Verwaltungsstrukturen – gegebenenfalls verbunden mit Dienstherrenwechsel – zu überführen, ohne ihnen jeweils langfristige berufliche Perspektiven bieten zu können. Wir schulden daher auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Forstverwaltung dauerhaft verlässliche Strukturen, die erst nach abschließendem Ausgang des Rechtsbeschwerdeverfahrens vor dem BGH entstehen können. Ich wünsche mir, dass das Land und die Landkreise hier ihren engen Schulterschluss beibehalten.“
Parallel zur Frage der Rechtsbeschwerde zum BGH sieht Herr Minister Hauk offenbar bereits aktuell Bedarf zur Änderung der Forststrukturen durch Einrichtung einer Anstalt des öffentlichen Rechts für den Staatswald.
Hierzu erklärte Landkreistagspräsident Walter: „Ich halte diesbezügliche Entscheidungen zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht! Auch wenn der Koalitionsvertrag der Landesregierung das Ziel formuliert, den Staatswald in eine „leistungsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts“ zu überführen, darf eine diesbezügliche Umsetzung inhaltlich und zeitlich nicht unabhängig vom abschließenden Ausgang des Kartellverfahrens ergehen.
Vielmehr muss eine etwaige Umorganisation der Forstverwaltung „aus einem Guss“ erfolgen, wobei sicherzustellen ist, dass für alle Waldbesitzer ein Betreuungsangebot vorgehalten wird – ohne „weiße Flecken“. Insoweit kann eine Umstrukturierung der Staatswaldbewirtschaftung gerade nicht losgelöst von den zukünftigen Strukturen in der Kommunal- und Privatwaldbewirtschaftung angegangen werden. Vielmehr bedarf es im Land einer Gesamtlösung für alle Waldbesitzarten, die erst nach abschließendem Ausgang des Kartellverfahrens mit der Rechtsbeschwerde vor dem BGH entscheidungsreif ist.“
Zur Aussage von Herrn Minister Hauk, die Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts für den Staatswald sei zur Reduzierung von Schadensersatzrisiken für das Land notwendig, äußerte Präsident Walter: „Es leuchtet auf Anhieb nicht ein, inwieweit ein Organisationsmodell – hier die Einrichtung einer Anstalt des öffentlichen Rechts für den Staatswald unter Beibehaltung der übrigen Forststrukturen –, das vom Bundeskartellamt bereits als kartellrechtswidrig eingestuft wurde, zur Minimierung von Schadensersatzrisiken beitragen kann. Einerseits ist das MLR offensichtlich bereit, bis zum BGH für das Einheitsforstamt zu kämpfen, andererseits gibt es vorschnell genau diese Strukturen auf.“
Landkreistagspräsident Walter machte auch deutlich: „Bei Einrichtung einer Anstalt des öffentlichen Rechts für den Staatswald könnten zum jetzigen Zeitpunkt gegenüber den Beschäftigen keinerlei Aussagen getroffen werden, wie die „Restverwaltung“, sprich die Betreuung des Kommunal- und Privatwaldes über die unteren Forstbehörden, strukturell, organisatorisch und personell nach Abschluss des Rechtsbeschwerdeverfahrens vor dem BGH aussehen würde. Damit würde im Land eine „2-Klassen-Gesellschaft“ innerhalb der forstlichen Mitarbeiter entstehen: Die „Förster 1. Klasse“ wären in der vermeintlich beständigen Anstalt des öffentlichen Rechts für den Staatswald, die „Förster 2. Klasse“ würden in den vermeintlich unsicheren Strukturen der unteren Forstbehörden verbleiben. Auch insoweit bedarf es daher einer Gesamtlösung in der Forstverwaltung, die den Beschäftigten dauerhaft verlässliche Strukturen liefert. Diese Verlässlichkeit kann aber erst nach abschließendem Ausgang des Be-schwerdeverfahrens vor dem BGH entstehen.“
Die Beschäftigten in den unteren Forstbehörden machen derzeit insgesamt rund 2.250 Stellen aus. Bei Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts für den Staatswald würden voraussichtlich rund 820 Waldarbeiter-Stellen und insgesamt 650 Stellen bestehend aus höherem, gehobenem und mittlerem Dienst an die Anstalt des öffentlichen Rechts fallen. Bei Bestand der sonstigen forstlichen Aufgaben auf Ebene der unteren Forstbehörden (Betreuung Kommunal- und Privatwald einschließlich Hoheit) würden rund 780 Stellen bei den Landratsämtern verbleiben.
Medieninformation vom
Zumeldung zur Pressekonferenz von Herrn Minister Peter Hauk am 15. März 2017:
„Kartellrechtsverfahren zur gemeinsamen Holzvermarktung durch das Land Baden-Württemberg“