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Medieninformation vom

Gemeinsame Pressemitteilung der Kommunalen Landesverbände

Kommunalfinanzen auch für 2025 im freien Fall – kommunale Gestaltungskraft, Zukunftsinvestitionen und der gesellschaftliche Zusammenhalt geraten in Gefahr

Die Präsidenten der Kommunalen Landesverbände zeigen sich anlässlich der Ergebnisse der Herbst-Steuerschätzung tief besorgt. Der Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, Steffen Jäger, der Präsident des Städtetags Baden-Württemberg, Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup (Karlsruhe) und der Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, Landrat Joachim Walter (Landkreis Tübingen) beschreiben die aktuelle Situation in den Städten, Gemeinden und Landkreise:

„Die Haushaltslage Städte, Gemeinden und Landkreise befindet sich bereits im Jahr 2024 in einer beispiellosen Abwärtsspirale, die im Jahr 2025 nochmals deutlich an Dynamik zulegen wird. Schon zur Jahreshälfte 2024 hat das Statistische Landesamt in seinen Eckdaten eine Verschlechterung der kommunalen Haushaltslage in Baden-Württemberg um 1,6 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr ausgewiesen. Insgesamt bestand zum 30. Juni 2024 ein negativer Finanzierungssaldo von rund 2 Mrd. Euro. Das ist ein alarmierender Wert, der zeigt, dass die Kommunalfinanzen in Baden-Württemberg binnen kürzester Zeit in eine massive Schieflage geraten sind.

Die aktuelle Steuerschätzung verstärkt die kommunale Finanzkrise nun nochmals immens. Bereits für das laufende Jahr erfolgte eine Korrektur der Steuereinnahmen um mehrere hundert Millionen nach unten. Die schlechte Konjunktur wird nun aber auch in kommenden Jahren die Haushalte der Städte, Gemeinden und Landkreise nochmals deutlich stärker belasten als bisher angenommen. So reduziert sich die Einnahmeprognose allein für die kommenden beiden Jahre um rund 2 Mrd. Euro. Bis 2028 wurde diese sogar insgesamt um 5,3 Mrd. Euro nach unten korrigiert. Damit ist die finanzielle Handlungsfähigkeit der baden-württembergischen Kommunen in einem Maße gefährdet, wie dies in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht der Fall war.“

Besonders besorgniserregend sei zudem, so die Spitzen der Kommunalen Landesverbände, die wachsende Zahl von Kommunen, die sogar strukturelle Liquiditätsprobleme aufweisen und die demnach mitunter die laufende Tätigkeit aus Kassenkrediten finanzieren müssten. Schon für das laufende Haushaltsjahr 2024 konnten 60 bis 70 % der Städte und Gemeinden keine ausgeglichenen Haushalte vorlegen. Bei den Landkreisen waren es sogar 80%, die ihre Aufwendungen nicht mehr aus den laufenden Erträgen erwirtschaften konnten.

Die Präsidenten weiter: „Schon zuletzt hatten sich vor diesem Hintergrund die Kassenkredite von Mitte 2022 bis Mitte 2024 nahezu verdoppelt. Die nun nochmals gravierend schlechtere Steuerprognose droht zum Katalysator dieser Entwicklung zu werden. Der dramatische Abwärtstrend wird sich im Haushaltsjahr 2025 nochmals verstärken.

Auf der Ebene der Landkreise ergibt sich für das Jahr 2025 ein Finanzierungsdefizit von mehreren 100 Mio. Euro. Es ist völlig illusorisch, diese Lücke allein durch eine Erhöhung der Kreisumlage zu schließen, denn das würde den kreisangehörigen Städten und Gemeinden vollends die Luft zum Atmen nehmen.

Diese Entwicklung zeigt, wovor wir als Kommunen schon lange warnen. Durch das Verankern immer neuer Aufgaben gibt es zwischenzeitlich ein gesamtstaatliches Leistungsversprechen, das sich faktisch nicht mehr finanzieren lässt. Viele dieser neuen oder ausgeweiteten Aufgaben wurden auf die Kommunen übertragen und reißen dort immer größere Haushaltslücken. Die Finanzierung des ÖPNV, die kommunale Ausfallbürgschaft für ein hochdefizitäres Krankenhauswesen oder bei der Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen, die unzureichende Beteiligung von Bund und Land an den Geflüchtetenkosten sowie die Erfüllung von Rechtsansprüchen in Kita und Grundschule sind einige der großen Themen, die zu dieser dramatischen Entwicklung beitragen.“ 

Gleichzeitig führe dies dazu, dass kommunale Investitionen in die Erhaltung und die zukunftsfähige Gestaltung der öffentlichen Infrastruktur auf der Strecke bleiben. Seit Jahren steigen die Investitions- und Unterhaltungsrückstände auf kommunaler Ebene, weil nach Erfüllung der Pflichtaufgaben nicht mehr die erforderlichen Ressourcen vorhanden seien, um ausreichend in beispielweise Brücken, Straßen, Schulen, Kitas, Feuerwehrhäuser u.ä. zu investieren. „Auch wenn die Infrastruktur in den baden-württembergischen Kommunen aktuell noch im Großen und Ganzen als intakt bezeichnet werden kann, ist die Realität eben doch, dass wir auf der kommunalen Ebene zwischenzeitlich auf Verschleiß leben müssen.“

Kommunalfinanzen im freien Fall bringen, so die Kommunalen Landesverbände, nicht nur finanzielle Probleme. Es gehe auch ganz wesentlich um die Frage, ob und wie die kommunale Daseinsvorsorge noch gewährleistet werden kann und ob die Kommunen in einer Zeit wirtschaftlicher Rezession in der Lage sind, durch öffentliche Investitionen auch wirksame Konjunkturanreize zu setzen. Letztlich gehe es um nichts weniger als die lebendige, kommunale Selbstverwaltung, um eine gute Zukunft in den Landkreisen, Städten und Gemeinden, und nicht zuletzt um den gesellschaftlichen Frieden und den Zusammenhalt vor Ort.

Die Präsidenten mahnen: „Es ist deshalb notwendig, den Bürgerinnen und Bürger ‚reinen Wein‘ einzuschenken. Ein Blick auf die aktuellen Haushaltsverhandlungen des Bundes, wie auch des Landes, sowie auch die Personalsituation der öffentlichen Hand zeigt: Es wird kaum möglich sein, dieses Problem mit immer mehr Geld zu lösen. Weder Bund noch Land sind im Stande, den Kommunen die zwischenzeitlich aufsummierten strukturellen Fehlbeträge vollständig bereit zu stellen. Umfang und Tiefe staatlicher Aufgabenerfüllung muss daher mit den verfügbaren finanziellen und personellen Mitteln in Einklang gebracht werden. Die den Kommunen übertragenen Aufgaben müssen belastbar und dauerhaft ausfinanziert werden. Politik muss zurück zu einem klaren und nachhaltig erfüllbaren Aufgabenportfolio und darüber eine verlässliche Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürger führen. Es gilt: Nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt. Wir können und wir müssen den Menschen mehr Wirklichkeit zumuten, dazu muss Politik jetzt entschlossen handeln und Verantwortung übernehmen.“

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