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Medieninformation vom

36. Landkreisversammlung des Landkreistags Baden-Württemberg in Öhringen „40 JAHRE LANDKREISE NACH DER KREISREFORM –EINE ERFOLGSGESCHICHTE MIT ZUKUNFT“

Präsident Landrat Jahn fordert angemessene Berücksichtigung der beruflichen Schulen bei der Schulentwicklungsplanung - Auskömmliche Krankenhausfinanzierung dringend erforderlich – Kritik an mangelndem Ausgleich für Straßenunterhaltung – Defizit von 39 Mio. Euro – Landkreistag droht mit Klage

Öhringen:
Der Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, Landrat Helmut M. Jahn (Hohenlohekreis, Künzelsau) hat heute in seiner Rede anlässlich der 36. Landkreisversammlung in Öhringen - vor 350 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung – aus Sicht der Landkreise Stellung bezogen zu den aktuellen kommunalpolitischen Themen der Landespolitik.

Eingangs seiner Rede wies Jahn auf den 40. Jahrestag der Kreisreform hin, der dieses Jahr begangen wurde. Er betonte, dass die 35 Landkreise in Baden-Württemberg maßgeblich mitbeteiligt an der Erfolgsgeschichte unseres Bundeslandes sind. Dies würde von allen politischen Lagern in Baden-Württemberg stets mit großem Selbstbewusstsein betont und hervorgehoben. In diesem Zusammenhang betonte er, dass Ursache dieser guten Position des Landes „mit Sicherheit die Bereitschaft der Städte, Gemeinden und Landkreise ist, die notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Unternehmen auch bereit sind, vor Ort zu bleiben und weiter zu investieren“.

(Berufliche) Bildung:
Den Landkreisen als Träger der beruflichen Schulen komme eine besondere Bedeutung zu. Der vor wenigen Wochen vom Landkreistag veranstaltete „Tag der beruflichen Schulen“, an dem auch Herr Kultusminister Stoch mitgewirkt hat, habe deutlich gemacht, „wie wichtig die beruflichen Schulen im Konzert der Ausbildungsmöglichkeiten für unsere jungen Menschen sind. Nicht nur die duale Ausbildung sondern auch die beruflichen Vollzeitschulen und beruflichen Gymnasien tragen dazu bei, dass wir in Baden-Württemberg nur eine ganz geringe Jugendarbeitslosigkeit haben. Unser Anspruch ist es und muss es sein, dass jeder Jugendliche einen Beruf erlernen kann, um damit selbständig und eigenverantwortlich sein Leben gestalten zu können. Für diese Grundentscheidung müssen wir uns alle einsetzen, damit unsere sozialen Sicherungssysteme auch in Zukunft finanzbar bleiben. Wenn die Jugendlichen eine berufliche Perspektive erhalten, ist dies die Basis für den sozialen Frieden in einem Land. Dies müssen wir erhalten. Die Landkreise in Baden-Württemberg sind deshalb ohne Vorbehalte bereit, sich im schulischen Bereich weiter nachdrücklich zu engagieren.“

Jahn wies darauf hin, dass die Landkreise die Entwicklungen in der Schullandschaft mit großer Aufmerksamkeit - aber auch mit großer Sorge - beobachten: „Im Blickpunkt der Bildungspolitik stehen derzeit die Gemeinschaftsschule, die Ganztagsschule, die (versuchsweise) Wiedereinführung von G9, das sogenannte 2-Säulen-Modell, die Lehrerausbildung und die regionale Schulentwicklungsplanung. Viel zu selten wird aus unserer Sicht aber das berufliche Bildungswesen angesprochen und in den Fokus gerückt. Dabei ist die berufliche Bildung ein echtes Erfolgsmodell unseres baden-württembergischen Bildungswesens, das weltweit hoch angesehen ist und zahlreichen anderen Ländern als Vorbild dient“.

Auf der anderen Seite sähen sich auch die beruflichen Schulen mit sinkenden Schülerzahlen konfrontiert. Da in einem immer stärker ausdifferenzierten Schulsystem immer zahlreicher werdende Bildungsangebote um immer weniger Schüler konkurrierten, sei eine zielgerichtete Schulentwicklungsplanung unerlässlich, um ein attraktives und den Bedürfnissen angepasstes Bildungsangebot im ganzen Land dauerhaft zu erhalten.

„Dabei können beruflicher und allgemeiner Bildungsbereich nicht unabhängig voneinander betrachtet werden – zu zahlreich sind die Berührungspunkte und Wechselwirkungen. Wir fordern daher ein Konzept für eine Regionale Schulentwicklungsplanung, das sich über alle Schularten hinweg erstreckt und die berufliche wie die allgemeine Bildung gleichermaßen mit in den Blick nimmt“, stellte der Präsident des Landesverbands der 35 baden-württembergischen Landkreise klar.

Er unterstrich insbesondere, dass bei den dabei erforderlichen planerischen Entscheidungen berufliche Schulen bzw. Schulstandorte darüber hinaus nur jeweils in ihrer Gesamtheit betrachtet werden können. Gleichzeitig kritisierte er, dass das Kultusministerium zunächst nur den „allgemeinbildenden Teil“ der beruflichen Schulen in die Regionale Schulentwicklungsplanung einbeziehen will. „Dies lehnen wir entschieden ab. Eine solche künstliche Aufspaltung in einen „allgemeinbildenden Teil“ auf der einen Seite und die duale Ausbildung auf der anderen Seite würde unserem erfolgreichen beruflichen Schulsystem nachhaltig schaden. Wie soll das denn auch gehen, einzelne einheitliche Schulstandorte teilweise in die Entwicklungsplanung einzubeziehen und teilweise nicht?“.

Große Sorgen bereiten den Landkreisen auch die Planungen des Kultusministeriums im Hinblick auf die Einführung der Sekundarstufe II an den Gemeinschaftsschulen. Die Landkreise befürchten hier die Schaffung eines Konkurrenz- bzw. Parallelangebots zu den außerordentlich erfolgreichen beruflichen Gymnasien.

Jahn sagte mit Nachdruck, dass die Landkreise sind auf eine planvolle, vorausschauende und verlässliche Bildungspolitik dringend angewiesen seien: „40 Jahre haben wir mit zum Erfolg der beruflichen Schulen beigetragen – ich bitte deshalb das Land dringend, diesen Erfolg auch in der Zukunft zu gewährleisten, indem wir in die regionale Schulentwicklungsplanung von Anfang an mit einbezogen werden. Herr Minister Dr. Schmid, Sie sind als Finanz- und Wirtschaftsminister unser natürlicher Verbündeter, nachdem Ihnen eine positive wirtschaftliche Entwicklung eigentlich ein Herzensanliegen sein muss. Setzen Sie sich deshalb in der Landesregierung dafür ein, dass sich die regionale Schulentwicklungsplanung über alle Schularten erstreckt. Nur dann bleiben wir auf der Erfolgsspur“.

Krankenhaus- und Gesundheitswesen:
Präsident Jahn ging auch darauf ein, dass kaum ein Thema die Landkreise in der zurückliegenden Zeit derart intensiv und anhaltend beschäftigt habe wie die Finanznot der Krankenhäuser: „Bereits bei der letzten Landkreisversammlung vergangenes Jahr in Sigmaringen hatte ich an die Politik in Bund und Land appelliert, die Krankenhäuser und insbesondere auch die Häuser des Ländlichen Raums vor dem ökonomischen Infarkt zu retten. Seither hat sich die wirtschaftliche Situation der Häuser noch verschlechtert. Der jüngst erschienene Krankenhaus Rating Report des RWI belegt, dass in Baden-Württemberg bereits jedes zweite Krankenhaus rote Zahlen schreibt – und noch mehr Häuser drauf und dran sind, ihre Substanz unaufhaltsam aufzuzehren“.

Jahn wies nochmals eindringlich darauf hin, dass die Krankenhäuser hierzulande strukturell unterfinanziert sind. Die Krankenhäuser seien weniger denn je in der Lage, durch die Krankenhausentgelte die unabweisbaren Kostensteigerungen zu refinanzieren, die nicht nur auf Tariflohnerhöhungen, sondern etwa auch auf die Systematik der betrieblichen Krankenhausfinanzierung zurückzuführen sind. „Hierdurch erzwungene Kosteneinsparungen gehen inzwischen unmittelbar zu Lasten der Beschäftigten und der Patientenversorgung“, bedauerte Jahn.

Der Präsident des Landkreistags machte deutlich, dass die Krankenhäuser des Ländlichen Raums besonders betroffen seien, die ihre eklatant unzureichende Finanzierung in aller Regel nicht durch Mehrleistungen wettmachen können. „Wenn diese Häuser wegen strukturell-dauerhafter Unterfinanzierung am Ende des Tages geschlossen werden müssen, trifft es die Menschen doppelt hart. Denn speziell die Krankenhäuser des ländlichen Raums sind heute schon Teil einer integrierten Versorgungslandschaft: An ihnen hängt die gesamte Notfallversorgung. Hinzu kommt, dass aufgrund des sattsam bekannten Landärzteproblems die medizinische Versorgung vieler ländlicher Räume ohne sektorenübergreifend tätige Krankenhäuser auf Dauer nicht mehr zu gewährleisten sein wird“, so Jahn.

Vor diesem Hintergrund begrüßte Jahn auch das Paket zur Krankenhaus-Soforthilfe, das in Berlin auf den Weg gebracht wurde: „Die Entlastung in Höhe von 1,1 Mrd. EUR, verteilt auf zwei Jahre, war bitter nötig. Die zusätzlichen Finanzmittel werden bis 2014 zu einer gewissen Stabilisierung führen.“ Im Einzelnen forderte Jahn, dass die Krankenhausvergütung an die tatsächliche Kostenentwicklung im Krankenhausbereich gekoppelt sein muss. Nur so lasse sich die strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser überwinden und die Kosten-Erlös-Schere schließen.

Zweitens müsse die so genannte doppelte Degression definitiv abgeschafft werden, also der Mechanismus, dass bei steigenden Patientenzahlen der Erlös pro Fall nicht nur bei dem Mehrleistungen erbringenden Krankenhaus sinkt, sondern bei allen Krankenhäusern im Bundesland. Diese Kollektivhaftung sei kein taugliches Steuerungsinstrument.

Drittens müssten die strukturell benachteiligten Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung speziell im Ländlichen Raum durch Sicherstellungszuschläge und ähnliche Instrumente in die Lage versetzt werden, die medizinische Versorgung in ihrem Einzugsgebiet nachhaltig sicherzustellen. „Diese Häuser sind das Rückgrat der medizinischen Versorgung im Ländlichen Raum und daher unverzichtbar“, sagte Jahn mit Nachdruck.

Er appellierte an die Landesregierung, auch bei den sonstigen, ordnungspolitischen Fragen der Krankenhausfinanzierung an der – durchaus im Landesinteresse liegenden – kommunalen Position festzuhalten: „Machen sie sich auch weiterhin für das dualistische System der Krankenhausfinanzierung stark und lehnen Sie eine auch nur teilweise Übertragung der Investitionsförderung auf die Krankenkassen konsequent ab!“

Verwaltungsstrukturen und Verwaltungsreform:
Präsident Jahn ging auch auf das Thema Verwaltungsstruktur und Verwaltungsreform ein. Jahn bedauerte, dass trotz der Feststellung des Ministerpräsidenten, an der Reform 2005 festhalten zu wollen, die Fachressorts nicht müde geworden seien, immer wieder Überlegungen zur teilweisen Umkehr der Reform anzustellen.

„Zwei Bereiche sind bis heute nicht befriedet. Es handelt sich zum einen um die Kostenerstattung des Landes an die Landkreise für die Unterhaltung der Landesstraßen, zum anderen um das Ansinnen einiger Fachressorts, die Zuständigkeiten der Landratsämter als untere staatliche Verwaltungsbehörden in Teilbereichen wieder aufzuheben und an deren Stelle Landesbetriebe zu schaffen“, so Jahn.

Er wies darauf hin, dass Im Rahmen der Verwaltungsreform 2005 festgelegt wurde, dass den Kreisen für die Übernahme der Aufgaben grundsätzlich pauschale Zuweisungen gewährt werden: „Diese Zuweisungen beliefen sich auf ca. 360 Mio. Euro. Hierbei wurde eine Effizienzrendite in Höhe von 20 % ab dem Jahr 2011 festgeschrieben, die die Landkreise in Baden-Württemberg vollständig erfüllen. Das Land hat damit eine jährliche Einsparung von über 70 Mio. Euro. Die Kosten für die Unterhaltung der Bundes- und Landesstraßen sind von dieser Pauschalierung wie auch von der Effizienzrendite ausdrücklich ausgenommen worden. In der Gesetzesbegründung zum VRG heißt es wörtlich, dass „diese Kosten gesondert erstattet werden“. Dadurch ergibt sich eindeutig ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Land. Die Erläuterung im Straßengesetz, dass das Land für diesen Zweck Haushaltsmittel bereitstellt, kann dabei nur deklaratorischen Charakter haben“.

Jahn kritisierte, dass der Ministerratsbeschluss aus dem Jahr 2004, wonach die Kreise auch in diesem Bereich eine Effizienzrendite zu erbringen haben, einseitig vom Land verfügt wurde. Dies sei aber auch aufgrund der dringend notwendigen Aufgabenerledigungen überhaupt nicht möglich. Schließlich könne keiner vorhersagen, wie viel Schnee im nächsten Winter fällt und wie hoch die Straßenunterhaltungskosten deshalb sein werden.

Jahn rechnete vor, dass die Landkreise seit der Verwaltungsreform bei der Unterhaltung von Bundes- und Landesstraßen landesweit ein Defizit in Höhe von rund 39 Mio. Euro angehäuft haben. Davon resultierten aus der Unterhaltung der Bundesstraßen 11 Mio. Euro und aus der Unterhaltung der Landesstraßen rund 28 Mio. Euro. Ein Gespräch am 3. Juni 2013 mit Herrn Verkehrsminister Hermann habe leider keine Annäherung gebracht. Das MVI behauptet weiterhin, dass für den Bereich der Unterhaltung der Straßen auch eine Effizienzrendite zugesagt war. Dies sei nachweislich falsch. Die Land- und Stadtkreise verlangten vom Land lediglich einen fairen Ausgleich.

Jahn machte an die Adresse von Finanzminister Dr. Schmid unmissverständlich klar, dass die Landkreise, die Aussage des Verkehrsministers, das Finanzministerium werde kein zusätzliches Geld für den Straßenunterhalt zur Verfügung stellen, auf Grund der dargestellten Rechtslage nicht akzeptieren können. Der Landkreistag habe deshalb ein entsprechendes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. „Dieses Gutachten soll nach der Sommerpause vorliegen. Sollte unsere von mir soeben dargestellte Position rechtlich bestätigt werden, müssen wir im Interesse der Landkreise den Rechtsweg beschreiten. Schließlich können wir nicht hinnehmen, dass die Landesstraßen, also das Vermögen des Landes, mit Haushaltsmitteln der Landkreise unterhalten werden müssen“, betonte Jahn.

Soziale Sicherung:
Ein weiterer Schwerpunkt der Rede von Präsident Jahn war die soziale Sicherung. „Die Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg geben allein für Sozialhilfeleistungen jährlich rund 2,2 Mrd. Euro aus. Davon entfallen über die Hälfte, nämlich 1,3 Mrd. Euro auf die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Aufgrund des immer noch atypischen Altersaufbaus und der gewandelten Familienstrukturen steigt die Zahl der Menschen, die Eingliederungshilfe beziehen, um rund 5% jährlich und liegt nunmehr bei rund 72.000 Personen in Baden-Württemberg. Mit der Eingliederungshilfe wird neben der Kinderbetreuung und dem Schulbesuch, die Ausbildung, die Arbeit, das Wohnen und die pflegerische Versorgung der Menschen mit Behinderung finanziert. In Baden-Württemberg ist die Finanzierung dieser Leistungen ausschließlich den Kommunen überantwortet. Schon seit langem fordern wir eine Entlastung durch Bund und Land und eine gerechte Lastenverteilung“.

Jahn zeigte sich erleichtert darüber, dass es im Zusammenhang mit dem Fiskalpakt gelungen ist, Bund und Ländern die Zusage abzuringen, ein neues Bundesleistungsgesetz für Menschen mit Behinderung in der nächsten Legislaturperiode zu erarbeiten. „Wir begrüßen sehr, dass die Vorarbeiten bereits begonnen haben und sich auch das Land Baden-Württemberg in den Diskussionsprozess einbringt. Trotz der von uns sehr hoch geachteten Übernahme der Grundsicherungsleistungen durch den Bund brauchen wir dringend auch eine Lösung für die Finanzierung der Eingliederungshilfe“, so Jahn.

Jahn erwähnte auch, dass die durch die UN-Behindertenrechtskonvention ausgelöste Debatte um die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen weitere Verantwortlichkeiten und finanzielle Folgen für die Landkreise und die ganze kommunale Ebene ausgelöst hat und dies mit weiter steigender Tendenz.

„Eines der drängendsten Themen ist dabei die schulische Bildung von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung. Bis jetzt sind die Konturen dieses Teils der künftigen Schullandschaft immer noch nicht recht erkennbar. Für uns in den Landkreisen stellt sich vor allem die Frage nach der Zukunft der Sonderschulen. Bis jetzt nehmen wir in den Gesprächen vor Ort den dringenden Wunsch der Eltern wahr, die Sonderschulen zu erhalten und nicht in Frage zu stellen. Sie schätzen die Fachkompetenz der Lehrerinnen und Lehrer in den Sonderschulen und den individuellen Lernrahmen, der ihren Kindern in den allgemeinbildenden Schulen nicht geboten werden könnte. Die Lösung kann auch nicht darin liegen, jedem Kind einen Schulbegleiter an die Seite zu stellen, abgesehen davon, dass für dessen Finanzierung die Kommunen zusätzlich aufzukommen hätten“. Jahn gab der Hoffnung Ausdruck, dass die angekündigte Schulgesetzänderung Antworten auf die bisher offenen Fragen gibt. Solle sie zum Schuljahr 2014/2015 in Kraft treten, müssten rasch die gesetzgeberischen Schritte auf den Weg gebracht werden. „Die Landkreise sind gerne auch in Zukunft Partner des Landes, erwarten aber eine klare Zusage, dass die durch die inklusive Bildung verursachten Kosten als konnexitätsrelevant anerkannt werden!“ stellte Jahn klar.

Ländliche Räume – Demografische Entwicklung:
Präsident Jahn widmete sich im letzten Teil seiner Rede einem Thema, das die Landkreise immer stärker beschäftigt- die demographische Entwicklung insbesondere im Ländlichen Raum.

„Wenn ich Ihnen sage, dass unsere ländlichen Räume äußerst lebenswert und wirtschaftsstark sind, wird mir sicher niemand widersprechen. Uns treibt aber in immer stärkerem Maße die Sorge um, ob dies auch in Zukunft so sein wird. Die Bevölkerungsprognosen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2060 ca. 12 bis 17 Millionen Menschen weniger in Deutschland leben werden – eine Entwicklung, die Ballungsräume weniger als ländliche Räume treffen wird“, hob Jahn hervor.

In Deutschland habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die demografische Entwicklung - besonders in den Ländlichen Räumen - strukturpolitische Maßnahmen von Bund, Land und Kommunen erfordern. „Auch wenn Baden-Württemberg bisher vergleichsweise nicht so stark von den Auswirkungen des demografischen Faktors betroffen war, so wird doch immer stärker deutlich, dass auch hierzulande politisch Vorsorge getroffen werden muss, um sich auf künftige Entwicklungen vorzubereiten. Dies ist umso wichtiger, als Auswirkungen oft erst über Jahre hinweg augenfällig werden.

Nicht zuletzt die so genannte „IREUS-Studie“ des Landes hat aufgezeigt, dass der außerordentlich komplexe und vielfältige Themenbereich der demografischen Entwicklung, der mit ihren Auswirkungen große Relevanz für Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik hat, eines konzertierten Vorgehens bedarf. Der Landkreistag sieht vor diesem Hintergrund auch dringenden Handlungsbedarf“.

Jahn machte deutlich, dass die Landkreise vom Land erwarten, dass es, koordiniert, ressortübergreifend und in Zusammenarbeit mit der kommunalen Seite diese Herausforderungen annimmt und entsprechende Strategien erarbeitet und umsetzt. „Strukturpolitische Maßnahmen müssen rechtzeitig von Land und Kommunen - an den absehbaren Herausforderungen orientiert - umgesetzt werden, um eine zukunftsgerichtete Entwicklung Baden-Württembergs zu sichern. Oberstes Ziel sind dabei gleichwertig gute Lebensverhältnisse - in Ballungsräumen wie im ländlichen Raum - - im ganzen Land.

Das Präsidium des Landkreistags habe deshalb am 12. Juli 2012 eine Resolution verabschiedet und die Landesregierung aufgefordert, einen Kabinettsausschuss „Herausforderung Demografische Entwicklung“ mit dem Schwerpunkt „Ländlicher Raum“ und unter Berücksichtigung der speziellen Herausforderungen für die Agglomerationszentren einzurichten.

„Ich bitte Sie deshalb, sehr geehrter Herr Minister Dr. Schmid, diesen ressortübergreifenden Ausschuss unter Beteiligung der drei Kommunalen Landesverbände wieder einzurichten. Nur gemeinsam sind wir stark und können diese erkannten Herausforderungen einer positiven Lösung zuführen“, so Jahn.

„Unser Land Baden-Württemberg, hat in den vergangenen Jahrzehnten eine unglaublich positive Entwicklung genommen – auch weil Städte, Gemeinden und Landkreise ein stabiles Fundament zur Entwicklung dieses wunderschönen Bundeslandes geschaffen haben. Dies war aber nur deshalb möglich, weil wir starke dezentrale Strukturen haben, bei denen Verantwortung immer auf der unterstmöglichen Ebene, wo die Bürger nahe beteiligt werden können, angesiedelt wurde. Und es war auch möglich, weil Land und Kommunen auf fast allen Politikfeldern nur gemeinsam und konstruktiv agiert haben. Deshalb möchte ich herzlich dafür werben, diese gewachsenen und erfolgreichen Strukturen nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Die Landkreise werden sich auch nicht notwendigen Strukturveränderungen entgegenstellen, aber wir erwarten schon, sehr geehrter Herr Minister Dr. Schmid, dass das Land uns in diese Diskussionen einbezieht. Die Landkreise sind bürgernahe Dienstleister aber auch verlässliche Partner für das Land. Darauf können und dürfen Sie sich verlassen“, hob Jahn abschließend hervor.

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